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Alte Getreidesorten
«Langes Stroh und Korn steht wieder auf»
Kaum ein Hauch weht über die fast mannshohen Ähren. Bio-Landwirt Hanspeter Saxer führt durch die Reihen, nimmt da und dort einen Halm in die Hand, erklärt, erzählt. Sein Zuchtgarten in Thierachern BE ist ein Freilichtmuseum voll Wunder mit alten Sorten auch für Biofarm.
«Grossherzigkeit - vollkommen frei von Erwartung - ist vergleichbar mit dem Vertrauen des Sämanns: Alles, was wachsen muss, wird wachsen, nichts wird verlorengehen.» Diese Weisheit aus Tibet passt wie zugeschnitten auf Hanspeter Saxer. Seit Jahren widmet sich der stille Pionier ehrenamtlich und mit Leidenschaft der Erhaltung und Vermehrung alter Getreidesorten. Er leistet damit einen Beitrag zur Bewahrung der Kulturenvielfalt, die Saatgutriesen auf immer weniger Arten und Sorten reduzieren. Alte kommerzielle Sorten sowie frühere Landsorten oder namenlose lokale Sorten trägt er mit der Achtsamkeit eines Sammlers innerhalb der Schweiz zusammen oder bringt sie von Reisen vom Ausland mit. «Viele dieser Sorten und Getreidearten sind unterschätzt, da sie nicht den modernen Anforderungen an Ertrag entsprechen, obwohl sie teilweise sogar bekömmlicher wären», sagt Hansueli Brassel, Berater und Produktmanager für Getreide und Ackerbauspezialitäten bei Biofarm. Als Abnehmerin von Hanspeter Saxers Rotkornweizen, Waldstaudenroggen und Getreidemischung unterstützt die Genossenschaft diesen Landwirt aus Überzeugung für dessen wichtige Arbeit. Gleichzeitig will sie damit Alternativen für Landwirtschaft, Verarbeitung und Konsumenten aufzeigen.
Ein Leben für Vielfalt
Hunderte von Sorten an Getreide, Kartoffeln, Bohnen, Kräutern und Gemüse sind in über 40 Jahren durch die Hände von Hanspeter Saxer gegangen. Hunderte von Leben scheint er selbst gelebt zu haben. Die Verbundenheit mit der Scholle entdeckt der Gärtnerbub aus Zürich bei den bäuerlichen Grosseltern im Reusstal. «Ich hatte in Zürich eine Maschinenzeichner-Lehre absolviert, doch meine Hände sind meine Maschine», quittiert er den Start in die Berufswelt. Im Südschwarzwald macht er sich mit der biologisch-dynamischen Landwirtschaft vertraut, hängt berufsbegleitend eine Ausbildung zum Sozialpädagogen an. Im Kanton Bern baut er jahrelang einen Hof auf. Doch dem Lebensweg von Hanspeter Saxer gibt so mancher Schicksalsschlag eine andere Wendung. So kommt es, dass er den ersten «Körnliladen» in Belp eröffnet, als Ladener arbeitet, als Chauffeur, Lagerist oder Markthändler. Er ist Gärtner mit sozialpädagogischen Aufgaben in einem Pestalozzidorf im Appenzell, bauert im selbst erworbenen Walliser Bergheimet an steilen Hängen. 2006 kommt er für eine Pacht an den Thunersee. Zehn Jahre später schlägt das Schicksal erneut zu: Bei einem Brand verliert Hanspeter Saxer Wohnung und Scheune und damit einen Grossteil seines Saatgutsortiments mit Raritäten aus längst vergangenen Zeiten. Der Verein «echter Weizen» unterstützt seither sein Lebenswerk.
Der Vorteil langer Halme
Den Grossteil der Arbeiten erledigt Hanspeter Saxer manuell. Er bedient sich dazu eines alten Traktors, Pneuwagens, Bindemähers, einer Standdresche und eines Rüttelsiebs (Röndle). «Ich habe einen starken Glauben und einen blödsinnig starken Willen: Wie mein langes Stroh und Korn stehe ich immer wieder auf», sagt dieser Unermüdliche nach drei Herzinfarkten. Er erklärt, dass sein langstrohiges Getreide entgegen moderner Ansichten in Sachen Standfestigkeit keineswegs den Kürzeren zieht: «Die Kurzen kann der Hagel zerschlagen, nicht so die Langen, denn die sind beweglich, sie geben nach, und dann passiert weniger.» Auch punkto Wasserhaushalt sind hohe Halme bevorteilt: Mit einem längeren Wasserspeicher versehen, leiden sie weniger unter Trockenheit. «Und ganz einfach», fügt er hinzu: «Je höher die Ähre ihren Sitz hat, desto weniger Pilzbefall haben wir da oben.» Sein Weizen ist auch nach 40 Jahren von der Mühle immer noch «Top» klassiert. Und dass seine Kulturen besonders schmecken, beweist die Tatsache, dass sich die Rehe aus dem nahen Wald mit Vorliebe daran gütlich tun, Nachbars Feld indes verschmähen. «Ich mache es, solange ich die Kraft habe», sagt er. Sein Mietvertrag läuft aus. Wünschen wir dem grossherzigen Sämann Glück auf (neuen) Erden.
Autorin: Sabine Lubow
Dazugehörige Produkte
Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick
Bio-Zuchtgarten Thierachern
Hanpeter Saxer (1953)
Pachtübernahme: 2008
Bio-Knospe-Landwirt seit: 2000
- Landwirtschaftliche Nutzfläche 0.63 ha
- alte Ackerkulturen mit Weizen, Roggen,
Rotkorn, Gerste, Hirse - diverse Sorten Kartoffeln, Wurzelgemüse,
Bohnen, Erbsen, Kefen, Lupinen,
Salate, Knoblauch, Kohl - Bio-Gourmet-Knospe von Bio Suisse für
Getreiderisotto: 2017 - www.echterweizen.ch
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