Hirse_Wiedmer

Viele Wege führen zum Glück

Geissen und Heimweh nach den Bergen begleiteten Thomas Wiedmer und Christina Bichsel, als sie 2018 in Hettiswil BE einen Bio-Knospe-Betrieb übernahmen. Seither gibt es am Tor ins Emmental viel zu bestaunen: Hirse für Biofarm und die grossartige Aufbauarbeit zweier Quereinsteiger.

«Wollen wir bauern?» Der ehemalige Fotograf, aktive Umweltschützer, Bergsteiger und begeisterte Geissenbauer Thomas Wiedmer stellte die Frage der damals im Schulwesen engagierten Christina Bichsel. Er hatte eine Zweitausbildung zum Biolandwirt absolviert – sie einige Alpsommer im Tessin hinter sich. Beide hatten das Heu auf derselben Bühne. Nach ersten Erfahrungen auf einem Berghof im Eriztal führte die Suche nach einer neuen Pachtmöglichkeit die junge Familie mit Sohn Till hinunter ins Emmental. In Hettiswil hielt der Bio-Knospe-Landwirt Hermann Arni und einstige Lehrmeister von Thomas Wiedmer Ausschau nach geeigneter Nachfolge. So zog neues Leben ein. Wer heute diesen Hof in Schleumen besucht, staunt über das altehrwürdige Wohnhaus, die von Hecken umsäumten Felder, die grosse Vielfalt rundum. Ins Auge stechen auch die Tiere: Geissen, Kühe, Hühner, inklusive die beiden Border Collies Charly und Craig. Allesamt sind sie eines schöner als das andere.

Jedem seine Spezialität

Der Weg zum Hirsefeld führt über die Hofkäserei, das perfekt eingerichtete Reich von Christina Bichsel. Die Biolandwirtin hat sich als begabte Käserin und Direktvermarkterin mit regelmässigen Lieferdiensten und der Teilnahme an Märkten eine treue Kundschaft für die feinen Hofprodukte unter dem Label «Biolokal» erarbeitet. Thomas Wiedmer legt den Schwerpunkt der Arbeit neben seinen Geissen und den anderen Tieren auf den Ackerbau. Hafer und Dinkel, Sonnenblumen und Hirse baut er an für Biofarm. «Sie ist ein wichtiger Partner mit einem immer offenen Ohr und guter Beratung», sagt er und fügt hinzu: «Schon unser Vorgänger hat mit ihr zusammengearbeitet, und für uns als Quereinsteiger war es besonders wichtig, uns gut zu vernetzen – sowohl mit der Genossenschaft als auch mit Bio Suisse». Für die Knospe-Dachorganisation hat der ruhige, überlegte Biolandwirt inzwischen das verantwortungsvolle Amt als Präsident der Markenkommission Anbau übernommen.

Oben reif, unten grün

Thomas Wiedmer sät die Hirse jeweils Ende Mai auf zweieinhalb Hektaren. Zwei bis drei Wochen vor der Aussaat bereitet er den Boden vor. Er setzt dabei auf schonendes, flaches Fräsen und arbeitet nach den Grundsätzen der regenerativen Landwirtschaft. Diese zielt darauf ab, die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern und unter anderem den Humusaufbau zu fördern. «Hirsekulturen bieten mit ihrer relativ kurzen Vegetationszeit von weniger als hundert Tagen eine willkommene Ergänzung in der Fruchtfolge für den Biolandbau. Sie sind bescheiden und fühlen sich auch an nährstoffarmen Standorten wohl», erklärt er. In der eher trockenen Gegend von Hettiswil mit sandigem Lehm kann sich die Kultur gut erwärmen. Im August den richtigen Erntezeitpunkt festzustellen, sei hingegen eher schwierig, so der Bauer. «Hirse reift von oben nach unten, sie ist somit oben reif, unten aber noch grün.» Thomas Wiedmer sagt’s, nimmt eine Rispe und schlägt sie auf die offene Hand. Damit lässt sich feststellen, wie viele reife Körnchen herausfallen. Es liegt also sprichwörtlich auf der Hand: Kommt die Mehrheit heraus, ist die Zeit auch für die Ernte reif.

Stimmt zudem das Wetter, gilt es, zwischen Mähdrescher und Mühle perfekt zu koordinieren. Weil die grünen Stängel des Ernteguts zu höherer Feuchtigkeit führen als dies bei anderem Getreide der Fall ist, muss die Ladung für die nächsten Arbeitsschritte unverzüglich in die naheliegendste Sammelstelle.

Die in Hettiswil am Boden zurückbleibenden Pflanzenrückstände werden gehäckselt und in die Erde eingearbeitet. Sie ergeben Stickstoff für die darauffolgende Kultur. Ende September/Anfang Oktober ist der Speisehafer an der Reihe. So schliesst sich der Kreis – aber nur, um sich bald wieder neu zu öffnen. Denn wo zwei solche Quereinsteiger einmal Ja gesagt haben zum Bauern, kann noch einiges auf fruchtbaren Boden fallen.

Autorin: Sabine Lubow

Dazugehörige Produkte

Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick 

Biohof in Schleumen

Thomas Wiedmer (1971) und Christina Bichsel (1975) mit Till (2011);
Mitarbeitende: Biolandwirt Lurintg Bardill, Cé Ruegg;

Hofübernahme: 2018

Umstellung auf Bio: 2006

  • Landwirtschaftliche Nutzfläche 30 ha
  • Ackerbau: Hirse, Speisehafer, Dinkel, Luzerne, Ölsonnenblumen, Speisesoja;
  • Kunst- und Naturwiesen; Wald; ökologische Ausgleichs- und Biodiversitätsförderflächen mit Hecken, Blühstreifen, Buntbrachen;
  • Obst und Beeren: 70 Hochstammbäume mit Äpfeln, Quitten, Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen, Birnen; 90 Holundersträucher, 100 Cassissträucher;
  • Tiere: Mutterkuhhaltung mit 14 Kühen, Kälbern und 1 Muni (Rhätisches Grauvieh), 40 Milchziegen und 1 Bock (Toggenburger, gämsfarbene Gebirgsziegen); 40-50 Hühner (Schweizer Hühner, Marans, Araucana, Vorwerk) und Border Collie Craig;
  • Hofkäserei für Geissenkäse;
  • www.biolokal.ch

 

 

 

 

 

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