Triticale

«Wir wollen etwas Gutes weitergeben»

Begrüssung mit Selbstgebackenem – was für ein Symbol! Renate und Stefan Brem vom Wattwilerhof empfangen uns mit einem ofenfrischen, duftenden Brotlaib. Sie bauen für Biofarm ein noch stets wenig bekanntes Getreide an: Brottriticale. Entdeckung eines Korns, das es in sich hat.   

Im 19. Jahrhundert begannen Getreidezüchter, Weizen mit Roggen zu kreuzen. Damit schufen sie ein neues Brotgetreide, das auch in Grenzregionen des Ackerbaus gut gedeihen sollte. Auf einer Grenzregion liegen denn auch die Felder von Familie Brem. In ihrem Fall ist die Grenze jedoch kantonaler Art. Die Postadresse des schmucken Wattwilerhofs ist zwar dem aargauischen Siglistorf zugeordnet, seine landwirtschaftlichen Nutzflächen indes breiten sich auf Zürcher Grenzboden aus. Das 300 Jahre alte Gehöft, fernab von Verkehr und Bauten, ist auf einer Höhe von über 500 m.ü.M. von Wald- und Hügellandschaft umgeben: Natur soweit das Auge blicken kann.

Biosaatgut für Ertrag und Backqualität

Dicht und hoch stehen Anfang Juli die Ähren vom Wattwilerhof. «Für Brottriticale ist unser sandig-lehmiger Boden hier sehr gut geeignet», sagt der Biobauer. Im Vorjahr, Mitte Oktober, hat er bei trockenem Wetter gesät und mit der Spatenegge die Saat gut eingearbeitet. Zuvor hatte er eine Mischung Gründüngung als Mulch übers Feld gegeben. Gute Vorbereitung und sorgfältige Einsaat seien die halbe Ernte. Stefan Brem weiss, dass gerade im Biolandbau der Vorsprung der Wintersaat auf das im Frühling hervorschiessende Unkraut ein Riesenvorteil ist. Er verwendet eine Triticale-Sorte aus der Getreidezüchtung von Peter Kunz aus Feldbach ZH. Für den Biolandbau ist es hierzulande ein Glücksfall, dass dieses Züchtungsinstitut Triticale entsprechend der ursprünglichen Bestimmung als Brotgetreide selektioniert – und dies unter Bio-Anbaubedingungen, also ohne Kunstdünger und chemischen Pflanzenschutz.

Mitte März fuhr Stefan Brem mit dem Striegel übers Feld. Ackerfuchsschwanz und Disteln sollten keine Chancen haben, und auch die tiefwurzligen Blacken nicht. Solche «Ackerbegleitflora» müssen er und seine Frau in vielen Stunden Handarbeit entfernen. Ende März kam noch etwas Mist über die Kultur, «aber man darf später dann nicht zu viel Dünger geben, sonst kippen die Pflanzen um.»

Bauern ohne Uhr

Das junge Paar übernahm 2012 den Wattwilerhof von Renate Brems Eltern und führen ihn in der vierten Generation. Drei Jahre später stellten sie auf Bio-Knospe um: «Wir wollen den Hof erhalten, in die Zukunft investieren und etwas Gutes weitergeben», sagt die Bäuerin. Dies tun beide mit Herzblut und Sorge auf ihrem Kleinbetrieb – einem Juwel, das durch erstaunlich grosse Vielfalt an gepflegten Kulturen und sichtbaren Respekt gegenüber Natur und Lebewesen glänzt. Über den Anbau von Triticale war der Kontakt von Brems mit Biofarm zustande gekommen. «Das sind Spezialisten, wissen Bescheid, sie bieten Infoveranstaltungen, Flurgänge an, und das ist super für uns», findet Stefan Brem. Der gelernte Werkzeugmacher hat sich vor einigen Jahren berufsbegleitend zum Bauer ausgebildet. Heute ist er Biolandwirt durch und durch, erfreut sich seiner «wunderbaren Freiheit und Selbstständigkeit» und nicht zuletzt, «an der Arbeit ganz auf die Uhr verzichten» zu dürfen.

Die vollen Ähren tänzeln in der Juliluft. In ein paar Tagen ist es soweit. «Fast ein Jahr hat man die Kultur begleitet, aber das Schönste ist das Dreschen», freut sich Stefan Brem. «Es ist heiss, es stäubt, das Getreide steht schön da und geht durch wie Butter. Man hält die Hand rein, überprüft den Feuchtigkeitsgrad: 15%, 15,5%... 14,5%, das wäre ideal!»

Autorin: Sabine Lubow

Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick

Wattwilerhof

Renate (1975) und Stefan (1971) Brem

Hofübernahme: 2012 von Renates Eltern

Umstellung auf Bio: 2015

 

  • Landwirtschaftliche Nutzfläche 16.5 ha; 5 ha Wald
  • Ackerkulturen: Triticale, Speisehafer, Futterweizen, Öllein, Einkorn, Ackerbohnen, Süsslupinen, Eiweisserbsen, Kunstwiesen, Garten mit Beeren, Gemüse und Kartoffeln
  • Tiere: Original Braunvieh, Mutterkuhhaltung, 2 Reitpferde, 7 Bienenvölker; 25 verschiedene Hochstammbäume
  • www.wattwilerhof.ch
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