Mini-Kiwi

Beste Freunde unter einem Dach

An Hitzetagen mag über der Thurgauer Gemeinde Schlatt die Sonne noch so brennen. Nahe am Rhein ist dort gut leben. Auf dem Ühlehof fühlen sich alle wohl: Menschen, Tiere und Kulturen. Hier reifen auch Mini-Kiwis für Biofarm und spenden den fruchtigsten Schatten der Welt.

Zwei Standorte gehören zum altehrwürdigen «Ühlehof» von Familie Studer. Die Urgrosseltern von Biolandwirt Hansjörg Studer hatten um 1900 einen Gutsteil des ehemaligen Klarissenklosters Paradies erstehen können. Hier liegt der Hauptbetrieb mit Gemüse- und Ackerbau im sogenannten «Alt Paradies», mitten im Naherholungsgebiet Schaaren am Ufer des Rheins. Wir treffen uns oberhalb des Dorfes Schlatt beim anderen Betriebsteil auf dem «Galgenbuck». Im Freilaufstall neben den Weiden ziehen die majestätischen Aubrac-Rinder alle Blicke auf sich. In ihrer Nachbarschaft scharrt, gackert, tummelt sich das Hühnervolk. Dunkelgrünes Laub überdacht da und dort die Anlage für das Federvieh. Das dichte Blätterlabyrinth gehört zu einem ausgeklügelten Zweinutzungssystem. Hansjörg Studer erklärt: «Unsere Mini-Kiwi-Anlage profitiert vom Hühnermist und dadurch von einer Ausgleichsdüngung mit Stickstoff und Kali. Und für die Legehühner bildet sie mit ihrem schattenspendenden Dach eine ideale Ergänzung sowie Schutz vor Raubvögeln.» Flink rennen die Zwillinge Marie und Livia unter die Kiwilaube, schnappen sich je ein Huhn, nehmen die Tiere auf die Arme und streicheln freudestrahlend drauflos. Ganz still halten die Hühner – alle Vier scheinen es zu geniessen.

Erst das Huhn, dann das (Kiwi-)Ei

Als Hansjörg Studer 1997 den Hof von seinem Vater übernahm, stellte er sofort auf Bio um. «Das passt mit allen Vor- und Nachteilen, und mit dem Spritzen war mir sowieso nie wohl», sagt er. Noch vor der Übernahme hatte der gelernte Landmaschinenmechaniker eine Zweitausbildung als Landwirt absolviert, ein Praktikum auf einer Farm in Kanada drangehängt und war dann einige Monate durch Nord- und Mittelamerika gereist. Zurück auf dem Betrieb, legte er neu auch Kühe zu. Die habe er schon von klein auf gewollt, sie seien für den Kreislauf und die Bodenverbesserung besonders interessant», erzählt er. 2001 kam ein weiterer wichtiger Betriebszweig hinzu: Legehühner. Und wiederum einige Jahre später setzte der unternehmerische Thurgauer mit Unterstützung des Kantons seine ersten Kiwipflanzen. Heute erstreckt sich die Mini-Kiwi-Anlage mit den Sorten «Ambrosia grande» und «Weiki» auf eine Hektare. Drei bis sechs Jahre dauert es, bis ein Kiwi-Setzling Ertrag liefert. Drei bis vier Tonnen ernten die Studers und ihre landwirtschaftlichen Mitarbeitenden heute pro Saison, wenn alles gut geht. Mini-Kiwis haben es genau wie ihre grösseren Verwandten gerne warm und etwas feucht. In der Wachstumsphase erhalten sie jede Woche Wasser vom Rhein. Von den jungen Schlingpflanzen zieht Hansjörg Studer je zwei Stämme hoch und verzweigt diese auf zwei Metern Höhe. Im Januar verpasst er den Bäumchen einen kräftigen Winterschnitt. Frost schadet diesen Strahlengriffelgewächsen nicht, doch sind die Blätter einmal da, kann er zu Totalausfall führen. Geht alles gut, sorgen Anfang Mai fünf Bienenvölker für die Bestäubung der zierlichen weissgelben Blüten.

Kühlhaus auf dem Hof

Die Kiwi-Ernte auf dem «Ühlehof» zieht sich von Anfang September bis Mitte Oktober hin. Bis Ende November kann der Verkauf dauern. Als gelernte Buchhalterin sorgt Eveline Studer neben der fachgerechten Vermarktung der Bio-Eier auch für diejenige der Minikiwis via Hofladen und über Fachgeschäfte. «Beim Pflücken sollen sie noch relativ fest sein, aber der Zuckergehalt ist wichtig», betont ihr Mann. Das prüfen wir alle gerne anhand des Körbchens, das uns das Älteste der drei Studer-Mädchen entgegenstreckt. Genau wie diese kommen die erntefrischen Kiwibeeren auch für Biofarm fein säuberlich sortiert und ohne Stil direkt ins hofeigene Kühlhaus. Später werden sie in den typischen hellgrünen Schälchen mit dem Knospe-Logo ins Obstkühlhaus nach Leimbach transportiert. Mit der Berner Genossenschaft verbindet die Studers übrigens eine schon etwas längere Beerengeschichte. Früher waren es ihre Erdbeeren vom «Alt Paradies». Paradiesisch aber sind hier alle.

Autorin: Sabine Lubow

Dazugehörige Produkte

Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick 

«Ühlehof»

Hansjörg (1965) und Eveline (1973) Studer mit Emma, Marie und Livia

Hofübernahme: 1997

Umstellung auf Bio: 1997

  • Landwirtschaftliche Nutzfläche 28 ha
  • Gemüse- und Ackerbau; Kunst- und Naturwiesen; ökologische Ausgleichsflächen;
  • Obstgarten mit diversen Beeren; Mini-Kiwi-Anlage;
  • Tiere: 17 Mutterkühe (Aubrac) mit Stier, 4'000 Legehennen; 30 Freilandmastschweine; 5 Mutterschafe (Shopshire); 12 Walliser Geissen; 2 Pferde; Border Collie Ricco;
  • Hofladen mit Selbstbedienung; Pferdepension
  • www.uehlehof.ch

 

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