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Vollrohrzucker
Biolandbau, Swissness und Brasilien sind süss
Braun wie der Sand am Strand von Bahia und süss wie Samba ist sein Vollrohrzucker. 800 km westlich von São Paolo bewirtschaftet der gebürtige Schweizer Emilio Lutz eine Zuckerrohrplantage. Der weltweit anerkannte Pionier für Bio-Vollrohrzucker produziert auch für Biofarm. Sein Leben ist ein Roman, aber keineswegs nur Zuckerschlecken.
Im Leben eines Menschen haben manchmal mehrere Leben Platz. In dem von Emilio Lutz zum Beispiel. Als junger Buchhalter war er mit den Eltern nach Rio de Janeiro ausgewandert. Es folgten Lehr- und Wanderjahre in Brasilien und in Ecuador, bis er - inzwischen durch eine Schweizer Bank zum Bankfachmann und Finanzanalysten ausgebildet - seinen Job an den Nagel hängte. Unterdessen hatte er seine Frau Regula Baumgartner kennengelernt und wollte mit ihr auf den Landwirtschaftsbetrieb ziehen, den Regulas Familie in dritter Generation bewirtschaftete. Vom Schwiegervater lernte der Banker das Bauern. Seit den 80er Jahren leben Emilio Lutz, seine Frau und die Familie auf der für Schweizer Verhältnisse riesigen, aus brasilianischer Sicht eher kleinen Fazenda Jacutinga bei Lucelia. Neben Weideland für die Rinderzucht, Eukalyptus, Gummibäumen, Wald und Ökoflächen wachsen dort auch Zuckerrohrpflanzen. Das war nicht immer so. Emilio Lutz hatte auf der frisch erstandenen Fazenda mit konventionellem Kaffee-Anbau ein Schlüsselerlebnis: Nachdem Stauden der Kaffeeplantage mit Pflanzenschutzmittel behandelt worden waren, fand der junge Bauer tote Vögel auf dem Land. Für ihn stand fest: So wollte er nicht weitermachen. Gleichzeitig stellte er von Kaffee- auf Zuckerrohranbau um. Heute erfolgen auf dem schweizerisch-brasilianischen Partnerbetrieb von Biofarm Anbau und Verarbeitung des Zuckerrohrs bis zum Endprodukt nach den Knospe-Richtlinien von Bio Suisse.
Mit Sorgfalt, Schutz und Buschmesser
Zuckerrohr ist ein Gras, das je nach Sorte, Standort und Pflege etwa sechs bis zehn Jahre lang geerntet werden kann. Auf ca. 500 m.ü.M. gedeihen die Pflanzen bei Temperaturen zwischen 25 und 30°C mit viel Sonne und etwas Regen prächtig. Auf Jacutinga liefert eine Hektare rund 60 Tonnen Zuckerrohr. Die Ernte dauert von Juni bis November. Für seine Kulturen wählt Emilio Lutz gesunde, zwei- bis dreijährige Pflanzen. Aus den Knospen ihrer Blattachsen wachsen Schösslinge und daraus mehrere Stängel. Nach 16 bis 18 Monaten sind sie zum ersten Mal erntereif. Dann haben die Zuckerrohrhalme durchschnittlich bis zu sechs Meter Höhe und acht Kilo Gewicht erreicht. Aber Achtung: Sie sind messerscharf. Entsprechend mühevoll ist die Ernte mit Schutzutensilien und Macheten, denn auf diesem Familienbetrieb werden die Felder nicht grossflächig maschinell geerntet. Hier ist Handarbeit angesagt, was nicht nur die Qualität des Endproduktes verbessert, sondern auch einen guten Pflanzennachwuchs sichert. Die abgetrennten Blätter dienen als Gründüngung zum Schutz gegen Bodenerosion, die ausgepressten Stängel finden als Bodendünger und Brennmaterial für den Dampfkessel in der betriebseigenen Zuckerfabrik Verwertung. Während der Ernte beschäftigt die Zuckerrohrplantage und -Mühle «Planeta Verde» 160 Angestellte.
Vom Gras zum Saft zum Zucker
Auf «Planeta Verde» laufen die Anlagen während der Erntemonate fast pausenlos. Die geernteten, blattlosen Stängel werden gehäckselt, in Fasern zerlegt und gepresst. In der Zuckermühle fliesst der Saft in Absetztanks, wird zu einer Melasse eingedickt und in Zwischentanks gepumpt. Die Melasse wird anschliessend nochmals bis zu 95% der Trockenmasse eingedickt. In grossen Kesseln mit Rührwerken erfolgt die Kristallisation. Anschliessend wird der kristallisierte Zucker in einer Trommel mit heisser Luft bis auf 99% getrocknet und gesiebt. Schon während des Verarbeitungsprozesses zeigen regelmässige Laboranalysen, ob Qualität und Farbe des frischen Zuckers ausgeglichen sind. «Tudo bem», sagt Emilio Lutz und bemerkt: Zuviel Zucker sei zwar ungesund, aber sein Vollrohrzucker sei um Welten besser als raffinierter.
Autorin: Sabine Lubow
Dazugehörige Produkte
Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick
Bio-Fazenda Jacutinga und Zuckermühle «Planeta Verde»
Emilio Lutz (1947) und Regula Baumgartner (1951) mit Familie
Umstellung auf Bio: 1987
Bio-Knospe-Betrieb seit 2001
- Landwirtschaftliche Nutzfläche 440 ha
- Zuckerrohrplantage: 200 ha
- Weideland für Rinderzucht, Eukalyptus, Gummibäume, Wald und Ökoflächen
Impressionen











