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Trauben
Mit Handarbeit und Herzblut
Zwischen den Hügelzügen des Hochtals blinzelt frisch verschneit der Säntis. Hier im Thurgau, oberhalb von Thundorf, hüllt die Spätsommersonne ein grosses Zelt aus Netz in warmes Licht. Wie in einem Himmelbett reifen sie darin – die Tafeltrauben für Biofarm von Silvan und Angela Früh.
Tafeltrauben müssen anderen Anforderungen gerecht werden als Weintrauben. Sie sind weder für Wein noch für Saft oder Gelee bestimmt. Sie nehmen den Weg direkt in den Mund. Entsprechend makellos, süss und saftig sollen sie sein – entsprechend anspruchsvoll ist ihre Kultur von der Rebe bis in den Korb.
Am Südhang über dem kleinen Dorf, auf dem Pfeien-Hof von Familie Früh, hängen die blauen und die weissen Beeren in wohlgeformten Trauben an den Ruten. Sie füllen gleichmässig die Spaliere, nicht zu dicht, nicht zu spärlich. Die Atmosphäre im Zelt ist warm und luftig. Wer Anfang September über den grasbedeckten Boden durch die Reihen geht, wähnt sich in dieser Stille fast wie an einem geheiligten Ort.
«Vorausschauend sein»
Mit dem grossen Netzbau bieten Bio-Landwirt Silvan Früh und seine Frau Angela ihren 20 Aren «Muscat bleu» und «Arkadia» nicht nur gegen Regen, Hagel oder Kirschessigfliege Schutz. Auch bei den Vögeln, den Rehen und den Dachsen aus dem nahen Wald sind ihre bildschönen Delikatessen hochbeliebt. Schon Vater Hans Früh hatte im Jahr 2000 im Pfeien mit dem Anbau von Tafeltrauben begonnen und viele Sorten ausprobiert. Doch mit den Jahren wurden die Margen immer kleiner, die Grossabnehmer verloren zugunsten billigerer Importware das Interesse am regionalen Angebot. In Tafeltrauben steckt ganz viel Handarbeit. So auch bei Familie Früh: Reben schneiden, verjüngen, ausdünnen, Ruten einschläufen, auslauben, Trauben ausschneiden, beobachten, hegen und pflegen. Das ganze Jahr hindurch gibt’s zu tun. «Man muss sehr vorausschauend sein», betont der Betriebsleiter, «und gut beobachten.» Im Frühling schafft er mit einem Präparat aus Tonerde und Schwefel Abhilfe gegen den Mehltau. Nach der Blüte behandelt er die Kultur mit einem Fenchelpräparat und beschränkt sich auf die im Bio-Landbau erlaubten Mengen an Schwefel und Kupfer. Im Mai schliesst er das Hagelnetz und im August das Regendach. So hat auch die Graufäule an den Trauben erst gar keine Chance. Wenn Anfang/Mitte August die Beeren Farbe annehmen, entlocken kleine Fallen auch diejenigen Kirschessigfliegen, die trotz aller Vorsichtsmassnahmen noch einen Schlupfwinkel durchs Netz finden.
Den Kleinbetrieb erhalten
«Als wir den Hof übernahmen und einige Jahre danach auf Bio umstellten, haben wir die Anbaufläche für Tafeltrauben und die Sorten reduziert», erzählt Silvan Früh. Mit der Umstellung konnte eine verlässliche Abnehmerin für die Bio-Tafeltrauben und -Birnen gefunden werden: «Die Biofarm war mir von der Arbeit in der Drogerie her ein Begriff», erinnert sich Angela Früh. Im Gespräch mit dem Umstellungsberater hatten die Frühs den Hinweis erhalten, sich an die Genossenschaft zu wenden. Auf dem Pfeien-Hof bereut man es nicht: «Sie sind sehr bemüht, setzen sich ein für uns und schauen, dass es für beide Seiten stimmt.» Erklärtes Ziel der Bauernfamilie ist und bleibt, ihren Kleinbetrieb so zu erhalten wie er ist. «Wir wollen unsere Arbeit selber machen und gut und dabei den Überblick behalten», kommt es wie aus einem Mund. Damit dies wirtschaftlich tragbar ist, gehen beide an einem Wochentag ihren ursprünglichen Berufen nach - die Drogistin in Flawil, der Landwirt neben seinem ersten Beruf als Landschaftsgärtner seinem zweiten als Baumpfleger in Frauenfeld. Dass dies zusätzlich zu den vielseitigen Aufgaben auf dem Hof überhaupt möglich ist, verdanken sie der tüchtigen Mithilfe der Eltern Hans und Els Früh sowie Angelas Mutter, die für die beiden Kinder kocht.
Gegen Ende September ist es soweit: Das dreiwöchige Erntefenster für die Tafeltrauben öffnet sich. Jetzt verlassen nach und nach die reifsten Trauben das Zelt. Ein Glückspilz, wer in dieser Zeit dort oben seinen Kindergeburtstag feiern oder die «Schule auf dem Bauernhof» besuchen darf. Frisch ab Hof und in den Mund - die kürzeren Wege sind einfach die besten
Autorin: Sabine Lubow
Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick
Biohof «Im Pfeien»
Silvan (1979) und Angela (1982) Früh mit Ronja und Elias
Hofübernahme: 2010
Umstellung auf Bio: 2017
- Landwirtschaftliche Nutzfläche 15 ha
- Ackerbau: Weizen, Urdinkel, Mais; Spargel
- Weideland, Fruchtfolgeflächen, Wald
- Obst: Tafeltrauben und -birnen; 65 Hochstammbäume mit Mostobst (Birnen/Äpfel);
- Tiere: 10 Mutterkühe, 1 Muni, 6 Pensionspferde, 2 Schweine, 20 Hühner; 12 Bienenvölker; Spargeln und Trauben im Selbstbedienungs-Kühlschrank
- Kindergeburtstage und Schule auf dem Bauernhof
Impressionen