Kirschen

«Das milde Seeklima ist unser Trumpf» 

Bei Lukas und Angela Keller in Uttwil TG startet im Frühling ein Blütenreigen der Vielfalt. Den Anfang machen die Kirschbäume, gefolgt von Zwetschgen-, Birnen-, Apfel- und anderen Obstsorten. Sowohl die jüngeren Nieder- wie auch die älteren Hochstammbäume tragen feines Obst für Biofarm. 

Amanda und Ben kennen sich aus. Sie stecken die kugeligen, glänzend schwarzen Früchte direkt vom Baum in den Mund. Mit genüsslichem Blinzeln beissen die Geschwister ins saftige Fruchtfleisch, lutschen an den prallen Naturbonbons, um dann mit Freudenstrahlen den Stein auszuspucken. Gäbe es bessere Werbung? Die Kirschen vom Biohof Keller im Langfeld bei Uttwil sind reinster Gaumenschmaus! Dabei gibt es zu bedenken: Viel kann bis zur Reifezeit dieser Früchte geschehen. Denn Biotafelkirschen sind anspruchsvoll im Anbau. Insekten, wie Wanzen, Läuse, Kirschfliege und -essigfliege etwa, auch Würmer, Vögel, Pilze lieben sie. Und schlägt nach der durch die Klimaveränderung immer früheren Blütezeit der Frost so richtig zu, bricht in der Junihitze ein Hagelunwetter über die Kulturen herein, bringen tropenartige Regengüsse die reifen Früchte zum Platzen, dann ist es aus mit dem süssen Schmaus! Extreme Wetterereignisse fordern heraus. Darum hat in den letzten Jahren auch der Biokirschenanbau einen gewaltigen Innovationsschub erfahren. Dieses Steinobst gedeiht zunehmend im Schutz gedeckter und eingenetzter Niederstammanlagen. Doch trotz hochmoderner Installationen ist nach wie vor grosses Engagement erforderlich. So auch bei Familie Keller im Bodenseeraum.

Die Bäume erziehen

Narana, Georgia, Firmred, Vanda, Kordia, Summersun, Regina, Irena sind nicht etwa die Namen der prächtigen, behornten Milchkühe, die es auch gibt auf dem Betrieb von Lukas und Angela Keller. So heissen die verschiedenen Kirschsorten, die der junge Betriebsleiter mit Obstbaumeisterprüfung im Herbst 2018 in seine beste Parzelle setzte – vier Jahre nach der Hofübernahme von seinem Vater. «Die Sorten haben unterschiedliche Reifezeiten, was uns bei der Arbeitsbewältigung hilft und für die Konsumenten ein längeres Zeitfenster des Angebots öffnet», erklärt er. Auf seiner 50 Aren grossen Niederstammanlage stehen 440 Kirschbäume in Reih und Glied. In den ersten zwei Jahren blieben sie ohne Netz und Regendach. Zuerst habe es gegolten, die Bäume zu erziehen, sie zu binden, um die spätere Bewirtschaftung zu erleichtern, so Lukas Keller. Bis zum Vollertrag dauerte es fünf Jahre.

Ein Dach von April bis Juli

Die Schutzabdeckung mit Netz und Folie installiert der Biobauer jeweils anfangs April über der gesamten Anlage. Die Kirschblüten sollen in der «Bluescht» wenn möglich trocken bleiben. Bei regnerischem Frühlingswetter würde sonst der Monilia-Pilz die Fruchtbildung verhindern. Dank Folie kann Lukas Keller Pflanzenschutz sparen. Gegen Trockenheit, vor allem wenn sie sich zur Erntezeit hin ausdehnt, verfügt die Anlage über eine Tropfbewässerung. Diese funktioniert nachts, denn tagsüber wäre die Verdunstung eine Ressourcenverschwendung. «Das milde Seeklima hier ist ein grosser Trumpf – auch für unsere Birnen und Äpfel», anerkennt der Thurgauer. 
Das Foliendach über der Kirschenanlage rollt er erst nach der Ernte im Juli wieder zusammen. Dann ist Zeit für die grosse Hygiene. Unschönes, Abgefaultes an den Bäumen wird entfernt, damit die Anlage für das kommende Jahr gesund und sauber bleibt. Lukas Keller schneidet die Äste an seinen Kirschbäumen nicht, sondern diese werden gerissen. Wie bitte? Das Reissen erfolge den Zellwänden entlang, stellt er klar, das füge den Bäumen weniger Schaden zu als ein scharfer Schnitt in deren Zellen hinein. Ausserdem verheile im Sommer alles besser, wenn der Baum im Saft steht. Erst für Feinarbeiten kommen die Scheren zum Zug. 

Mit fairen Preisen bewertet

Neben Vater Gerhard Keller bringt auch Angela Kellers Vater Martin Schneiter Unterstützung in den Alltag der junge Bauernfamilie. Fünf Erntehelfer sind in der Hochsaison im Einsatz. Dann gilt es, die frischen Tafelkirschen sehr schnell vom Hof zu den Konsumenten zu bringen. An die Biofarm-Genossenschaft werden sie im 5-Kilo-Gitter geliefert. Lukas Keller ist auch überzeugter Genossenschafter: «Biofarm bemüht sich sehr um geeignete Absatzkanäle für unser Obst, und bei Mehrernte müssen wir uns nicht nur mit dem Mostpreis begnügen.» Dass auch der Aufwand für seine alten Hochstämmer von der Genossenschaft mit fairen Preisen bewertet wird, schätzt er besonders: «Eine solche Haltung macht auf dem von ganz Grossen beherrschten Markt einfach Freude.»

Autorin: Sabine Lubow

Dazugehörige Produkte

Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick 

Biohof Keller

Lukas (1990) und Angela (1991) Keller mit Amanda, Ben und Lenny 

Hofübernahme: 2014

Umstellung auf Bio: 1999

  • Landwirtschaftliche Nutzfläche 11 ha
  • Obst: ca. 60 alte Hochstammbäume mit Tafeläpfeln und -birnen, Niederstammanlage mit Tafelkirschen, -birnen, -zwetschgen, -mirabellen
  • Naturwiesen, Wald
  • Tiere: 15 behornte Milchkühe (Original Braunvieh), 25 Hühner
  • Hofladen mit Obst
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