Hafer-Wüthrich

«Vom Jurawind verwöhnt»

Über der kleinen Gemeinde Courtételle im Kanton Jura öffnet sich weit die Landschaft. Sie scheint Bertrand Wüthrich geprägt zu haben: Der Biolandwirt hat einen sicheren Sinn für das Naheliegende und vergisst dabei den Weitblick nicht. Schon viele Jahre liefert er seinen Hafer an Biofarm.

Mit Hof, Weiden und Feldern geniesst Familie Wüthrich ein fantastisches Panorama. «Hier oben, auf 550 M.ü.M., haben wir genügend Wind, und der ist gut für unsere Kulturen», sagt Bertrand Wüthrich. Die Luft säuselt prompt dazu und zeichnet weiche Wellen ins Hafermeer. Im September hat der Landwirt die Kultur auf 7 ha ausgesät. Ohne Pflug fuhr er über den Boden, der eher schwer und feucht ist, teilweise bis zu 55% Ton enthält. Der Hafer habe stets eine Woche Vorsprung auf seine anderen Getreidekulturen – für die Saat wie für die Ernte. Das helfe ihm beim Planen, erklärt er. Unkraut und Krankheiten seien rar, und auch Hofdünger brauche es wenig.

Landwirt der Vielfalt…

Nachdem er einige Jahre als landwirtschaftlicher Koordinator für DEZA-Projekte im rumänischen Siebenbürgen gelebt hatte, stellte Bertrand Wüthrich auf Bio um, kurz nach Übernahme des väterlichen Hofs im Jahr 2007. Für den bis dahin nach den Grundlagen der integrierten Produktion geführten Betrieb hatte er andere Pläne: «Wir haben karge Böden, und der chemische Input ist oft nicht das, was der Boden braucht.» Der neue Betriebsleiter wollte seine Arbeit vermehrt an die spezifischen Gegebenheiten von Ort, Klima und Boden anpassen. Er fuhr ohne Chemie weiter, setzte weniger Dünger ein. Schnell integrierte er den Hafer in die Fruchtfolge. «Unser Hof war früher auf Raps ausgerichtet, und mit dieser Kultur waren wir zu Biofarm gekommen», erzählt er. Die Genossenschaft hat für ihn eine zentrale Rolle in der Beratung, der Entwicklung und der Vermarktung von Nischenprodukten. Anerkennend hält er fest: «Der Weg ist lang, und es ist eine gewaltige Arbeit, manchmal ein Kampf, vom Produkt bis zum Kunden.»

In vierter Generation führt er jetzt den Hof. Mit seinem Bruder Marc, der einen Nachbarhof erwerben konnte, hat er eine Betriebsgemeinschaft gegründet. Die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt, und die beiden Brüder sind sich einig darüber, was es auf ihren 50 bis 55 Hektaren Ackerfläche braucht: «Hafer ist ein sicherer Wert für uns, aber je mehr Kulturen wir haben, desto mehr Vielfalt herrscht und desto weniger Risiko gehen wir ein.» Dafür sorgen die beiden auf den Feldern mit ausgeglichener Fruchtfolge: Nach dem Hafer gibt es jeweils Soja, Mais oder Sonnenblumen. 

… und der Vernetzung

Auf dem Hofplatz trifft der Lehrling ein. Zwei Helfer begleiten ihn; sie sind im Rahmen eines kantonalen Integrationsprojekts für Asylanten im Einsatz. Bertrand Wüthrich: «Wir Landwirte haben auch eine soziale Rolle.» Das Thema Vielfalt jedoch hat für ihn weitere Facetten. Er engagiert sich seit Jahren aktiv in der landwirtschaftlichen Beratung. Der «Fondation Rurale Interjurassienne» stellt er seine breiten Erfahrungen zur Verfügung. Im Austausch mit Berufskollegen entwickelt er den Bio-Ackerbau weiter. «Die Natur ist vernetzt», findet Bertrand Wüthrich, «die Bauern sollten es auch sein.» Mit anderen Landwirten und einer tüchtigen Portion Unternehmergeist hat er auch einen Maschinenring gegründet. Denn: «Von gemeinsamen Investitionen profitieren alle und können Geld sparen.»

Gegen Mitte Juli erntet Bertrand Wüthrich seine sieben Hektaren Winterhafer. «Er dreht von Dunkelgrün auf Hellgrün, mit einem Tick Gelb, dann ist er reif.» Bevor die Ernte für eine sorgfältige Weiterverarbeitung zu Biofarm gelangt, kommt sie in die nur fünf Kilometer entfernte Mühle in Soyhières zum Entspelzen. Des Bauern Blick schweift in die Ferne: «In den nächsten Jahren wird es nicht nur wegen des Klimawandels wichtig, sich die Frage zu stellen: Wo bist du – wo willst du hin.» Auch seine Söhne sollen sich Gedanken machen und sich klar sein über ihre Ziele, findet er, und: «Ich habe Freude, wenn sie kommen, aber sie müssen nicht.»

Autorin: Sabine Lubow

Dazugehörige Produkte

Menschen, Tiere und Hof auf einen Blick

Bertrand (1972) und Marc (1976)

Umstellung auf Bio: 2008

  • Landwirtschaftliche Nutzfläche 80 ha
  • Ackerbau: Hafer, Weizen, Dinkel, Sonnenblumen, Raps, Leindotter-Ackererbse, Mais, Linsen, Lein, Nackthafer, Soja
  • Kunst- und Naturwiesen; Wald
  • 120 Hochstamm-Obstbäume; Feldgemüse
  • Tiere: 45 Mutterkühe und 30 Mastremonten
    (Angus und Limousin), 70 Mastschweine
  • Hofladen mit Selbstbedienung
  • www.sur-chaux.ch
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