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Familie Götsch
Wo der Stadtjäger Landfreundinnen verführt
Zum Greifen nah leuchtet die Neu-Bechburg vom Jura her. Doch wer abseits der meistbefahrenen Schweizer Autobahn am Hof von Markus Köpfli in Kestenholz vorbeikommt, hat nur Augen für ein Feld in voller Blüte. Schnittblumen? Mitnichten. Das ist der Mohn für Biofarm.
Zürich Seebach ist Stadt, aber Zürich Seebach ist auch Land. Schliesslich befindet sich dort die Eidgenössische Landwirtschaftliche Forschungsanstalt Agroscope-Reckenholz. Und vor allem der Biobauernhof Waid, den die Familie Götsch bewirtschaftet – und einen wunderschönen Hofladen führt.
Seit 1984 bewirtschaften die Götschs den Stadtzürcher Betrieb. Robert und Irma Götsch, die SeniorInnen, haben den Betrieb bald auf Biobewirtschaftung umgestellt. Für den Schreibenden war es im August 2011 die erste Teilnahme an einer Biofarm-Flurbegehung, die auf diesem Betrieb zum Hirse-Anbau stattfand. Robert Götsch war immer offen für die Arbeit der Agroscope-Forschenden, die zusammen mit Biofarm den Anbau neuer oder vergessener Kulturen erprobten. So konnte Robert auch Erfahrungen für den Hirse-Anbau sammeln, mit denen er lange Jahre zu den erfolgreichsten Biofarm-Pflanzern zählte.
Sohn Markus hat zusammen mit Yvonne Wiederkehr 2019 die Pacht des Betriebs übernommen. Die beiden führen nicht nur den Hirse-Anbau weiter, sondern auch einen neu eröffneten Hofladen, in dem sie ein begeisterndes Sortiment – auch mit Biofarm-Produkten – der städtischen Kundschaft anbieten.
Da erfrischen Glacés oder Sirupe mit Biobeeren aus der Region im Sommer, und – passend für die kalte Jahreszeit – findet sich ein Teesortiment aus dem St. Gallischen, produziert von einem ehemaligen Kollegen von Markus aus der Landwirtschaftsschule.
Ein breites, saisonales und regionales Angebot an Gemüse und Früchten verführt die KundInnen ebenso wie der Traubensaft aus Mergoscia TI, den Cousin Tankred Götsch liefert. Der Bezug zu den Lieferanten ist dem Hofladner-Paar wichtig.
Mit viel Liebe und Können füllt Yvonne Wiederkehr Trübeligelee oder rabenschwarzer, köstlicher Bromchriesi-Fruchtaufstrich in Gläser, die sie mit stilvollen, selbst gestalteten Etiketten beschriftet. Rande-Twisterli-Teigwaren oder Waidhof-Nudle aus dem eigenen Getreide und Eiern stehen im rustikalen Holzschrank.
Dass von den 30 Milchkühen Offenmilch angeboten wird, sogar rund um die Uhr erhältlich, scheint logisch, erforderte aber namhafte Investitionen. Im Laden ist auch eine reiche Auswahl aller möglichen Milchprodukte zu finden. Und mitten im breiten Fleisch-Angebot aus der hofeigenen Milchvieh-, Schweine- und Hühnerhaltung zwinkert mit Schalk der Stadtjäger, die Stadtzürcher Landjäger-Version, den KundInnen entgegen und hilft vielleicht mit, den vielzitierten Stadt-Land-Graben auf gewitzte Art zu überwinden. Das Ausebnen dieses Grabens verlangt dem Hofladnerpaar aber auch viel tägliche Kommunikation ab.
Grosse Freude haben wir natürlich am hübschen Biofarm-Sortiment in diesem Hofladen. Nicht alle Bioprodukte lassen sich regional produzieren, zumal unsere Schweizerische Auffassung von «regional» unglaublich kleinräumig ist. Für spezielle Verarbeitungsschritte – z.B. die Reinigung von Linsen oder das Schälen von Sonnenblumenkernen, braucht es eine überregionale Zusammenarbeit. Und dafür gibt es die gesamtschweizerisch tätige Biofarm Genossenschaft – seit 50 Jahren.
Wir wünschen Markus Götsch und Yvonne Wiederkehr viel Erfolg und Glück in Hof, Haus und Laden und freuen uns auf die weiterhin erspriessliche Zusammenarbeit.
Machen, was Freude bereitet
Ausprobiert hat Markus Köpfli in seinem Leben stets viel und gern. In Sins im Aargauer Reusstal geboren, bot sich dem 24-Jährigen nach den Lehrjahren und abgeschlossener Ausbildung an der Landwirtschaftlichen Schule Hohenrain LU der Betrieb in Kestenholz an. Mit der Übernahme dieses Hofs aus dem 17. Jh. sollte der Ernst der Selbstständigkeit für ihn beginnen. Doch zuvor lockte die Welt: Australien, Neuseeland, die Malediven. Seine Frau Kornelia lernte der junge Betriebsleiter in Kestenholz kennen. Die Tochter eines Viehhändlers aus Wolfwil war begeisterte Reiterin und kam auf den Hof, um sich um eines der Pensionspferde zu kümmern. Sie blieb und sorgte mehrere Jahre dafür, dass sich bis zu 20 Reitpferde auf dem Betrieb wohlfühlen konnten. Neben Pferden und Kühen widmeten sich Köpflis früher auch der Schweinezucht. «Wir hatten viel Abwechslung, doch man soll machen, was Freude bereitet. Was einen ärgert, das soll man besser aufgeben», quittiert Markus Köpfli vergangene Zeiten. Freude bereiteten ihm stets spannende Experimente. Und auch Sohn Lukas, der sich nach dem Lehrabschluss als Landwirtschaftsmaschinen-Mechaniker am Wallierhof zum Landwirt ausbildet, ist da voll dabei.
«Sauber, trocken, ohne Fremdkörper»
Auf seinen eher mittelschweren bis leichten Böden sei eine Mohnkultur nicht eben heikler als Mais, sagt Markus Köpfli. Im Vorfeld hat er ihr viel Mist und Gründüngung gegeben, denn «Mohn braucht Pfupf», hält er fest. Als Herausforderung sieht der Biolandwirt vielmehr die Ernte: «Wir werden auf dem kleinen Feld die Kapseln von Hand abräumen. Das ist eine Zwischenlösung, bevor ich nächstes Jahr mit dem Traktor dann auf zwei Hektaren dreschen möchte.» Bereits machen sich Vater und Sohn Gedanken über die Art und Weise, wie sie die getrockneten Kapseln ihres Schliessmohns öffnen werden: «Mit einem Stiftendrescher - sauber, trocken, ohne Fremdkörper.» Markus Köpfli legt Wert darauf, die verschiedenen Arbeitsschritte in einwandfreier Qualität auf dem eigenen Betrieb auszuführen. Warum Bio? «Früher hatte ich Mutterkühe und auch für die Gemeinde kompostiert», erzählt er. «Ich beschäftigte mich mit den zersetzenden Bakterien und merkte, dass man mit kleinen Dingen viel erreicht. Und das Spritzen hat mich sehr geärgert». Obwohl es in den ersten Jahren der Umstellung schwierig gewesen sei mit den Kontrollen, dem Regelwerk, sei er heute froh, nicht aufgegeben zu haben. An Biofarm liefert Markus Köpfli auch Lein und Weizen. Er erklärt: «Ich arbeite gern mit dieser innovativen und experimentierfreudigen Genossenschaft zusammen, die sich auch als Pionierin durchgekämpft hat.» Mit den ersten selbst geernteten Mohnsamen wird Kornelia Köpfli Mohnnudeln zubereiten. Das Rezept hat sie von ihrer aus Österreich stammenden Mutter aufbewahrt. «Das will ich endlich ausprobieren», ruft sie aus der Küche. Nur die Mohnmühle fehle ihr noch dazu, fügt sie an. Auf einem Hof wie diesem wohl kaum ein Hindernis.
Autor: Hans-Georg Kessler
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Markus (1967) und Kornelia (1964) Köpfli mit Lukas (1996) und Priska (1998)
Hofübernahme: 1992
Umstellung auf Bio: 1998
- Landwirtschaftliche Nutzfläche 24 ha
- Ackerkulturen mit Mohn, Lein, Erbsen/Gerste, Mais/Feuerbohnen, Weizen
- Kunstwiese und Ökoflächen
- 70 Hochstammobstbäume mit Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Kirschen, Aronia
- 50 Rinder (Bio-Weidebeef), 7 Ziegen, 1 Pferd, 3 Ponys, Hund und Katzen
Impressionen









